Ischialgie beim Hund - Ursache, Symptome und Behandlung
- Unsere Fellnase
- 24. Feb.
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1. Definition und Pathophysiologie
Ischialgie bezeichnet eine schmerzhafte Reizung oder Schädigung des Nervus ischiadicus (Ischiasnerv) beim Hund. Dieser Nerv ist der größte periphere Nerv des Körpers und innerviert die Muskeln der Hintergliedmaße. Eine Irritation oder Kompression kann zu starken Schmerzen, Lähmungserscheinungen und Atrophie der betroffenen Muskulatur führen.
2. Ursachen
Eine weitere relevante Ursache ist eine Dysfunktion oder Entzündung des M. Piriformis. Dieser Muskel verläuft nahe am Ischiasnerv und kann durch Verspannung oder Verhärtung den Nerv komprimieren, was zu Ischialgie-ähnlichen Symptomen führt. Die sogenannte Piriformis-Syndrom-ähnliche Problematik tritt häufig in Verbindung mit muskulären Dysbalancen oder biomechanischen Veränderungen auf und kann durch übermäßige Belastung oder Verletzungen ausgelöst werden. Die Ursachen für eine Ischialgie beim Hund sind vielfältig und können sowohl traumatischer als auch degenerativer Natur sein:
Bandscheibenvorfälle (Diskopathie): Druck auf die Nervenwurzeln durch degenerative Veränderungen der Bandscheiben.
Traumatische Verletzungen: Frakturen des Beckens oder der Wirbelsäule, Luxationen oder Bissverletzungen.
Tumore: Neoplasien im Bereich der Wirbelsäule oder des Nervensystems (z. B. periphere Nervenscheidentumoren, Osteosarkome).
Entzündliche Erkrankungen: Infektionen (z. B. Neosporose, Toxoplasmose) oder autoimmunbedingte Polyneuropathien.
Degenerative Erkrankungen: Spondylose, degenerative Myelopathie oder lumbosakrale Stenose.
Iatrogen (durch medizinische Eingriffe verursacht): Komplikationen nach Operationen oder Injektionen im Bereich der Hintergliedmaße.
3. Symptome
Die klinischen Symptome der Ischialgie variieren je nach Schwere der Nervenbeteiligung und können folgende Beschwerden umfassen:
Schmerzen: Oft plötzlich auftretend, meist an der Hintergliedmaße, mit Lahmheit und Schonhaltung.
Bewegungseinschränkungen: Der Hund zeigt Widerwillen beim Treppensteigen, Springen oder längeren Spaziergängen.
Neurologische Defizite: Reduzierte Reflexe (z. B. verminderter Patellarsehnenreflex), Muskelschwäche oder Lähmungen der betroffenen Gliedmaße.
Muskelatrophie: Langfristige Schädigung führt zum Abbau des Quadrizeps- und Glutealmuskels, was sich in einer sichtbaren Verschmälerung der betroffenen Muskulatur äußert.
Überempfindlichkeit oder Taubheitsgefühle: Der Hund reagiert schmerzhaft auf Berührungen oder zeigt vermindertes Empfinden in der betroffenen Extremität.
Unkoordinierter Gang: Der Hund kann taumeln, Stolpern oder eine auffällige Gangart zeigen, insbesondere auf rutschigem Untergrund.
Harn- und Kotinkontinenz: In schweren Fällen kann eine Beteiligung der sakralen Nervenwurzel zu Kontrollverlust über Blase und Darm führen.
Lecken oder Beißen an der betroffenen Stelle: Hunde zeigen oft Selbsttraumatisierung durch intensives Lecken oder Knabbern an der schmerzenden Region.
Veränderung im Verhalten: Rückzug, Aggressivität oder erhöhte Reizbarkeit aufgrund chronischer Schmerzen.
4. Diagnostik
Zur genauen Diagnose sind folgende Untersuchungen notwendig:
Klinische Untersuchung: Beurteilung von Gangbild, Schmerzreaktionen und Reflexen.
Neurologische Tests: Überprüfung der propriozeptiven Reaktionen und der Ischiasnerv-Funktion.
Bildgebende Verfahren:
Röntgen: Zum Ausschluss von Frakturen, Spondylose oder Tumoren.
CT/MRT: Goldstandard zur Beurteilung von Bandscheibenvorfällen oder Nerveneinklemmungen.
Elektromyographie (EMG): Falls eine Muskel- oder Nervenschädigung vermutet wird.
Blutuntersuchung: Zum Ausschluss von Infektionen oder entzündlichen Erkrankungen.
5. Therapie
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache der Ischialgie und kann konservativ oder chirurgisch erfolgen.
5.1 Konservative Therapie
Medikamentöse Schmerztherapie:
NSAIDs (Carprofen, Meloxicam) zur Entzündungshemmung.
Gabapentin oder Pregabalin bei neuropathischen Schmerzen.
Tramadol oder Buprenorphin bei starken Schmerzen.
Physiotherapie & Rehabilitation:
Massagen zur Verbesserung der Durchblutung.
Passive Bewegungsübungen zur Erhaltung der Gelenkfunktion.
Hydrotherapie (Unterwasserlaufband) zur schonenden Muskelstärkung.
Elektrostimulation zur Reaktivierung atrophierter Muskulatur.
Alternative Methoden:
Akupunktur zur Schmerzreduktion.
Lasertherapie zur Geweberegeneration.
Chiropraktik zur Verbesserung der Wirbelsäulenfunktion.
5.2 Chirurgische Therapie
Falls konservative Maßnahmen nicht ausreichen, können folgende chirurgische Eingriffe notwendig sein:
Dekompressionsoperationen: Entfernung von Bandscheibenmaterial bei Bandscheibenvorfällen (Hemilaminektomie).
Tumorresektion: Falls eine Neoplasie den Nerv komprimiert.
Stabilisierungsoperationen: Bei schweren Wirbelsäuleninstabilitäten.
6. Prognose
Die Prognose hängt von der Grunderkrankung und dem Schweregrad der Nervenschädigung ab:
Gute Prognose: Bei frühzeitiger Therapie von Bandscheibenvorfällen oder leichten Nervenirritationen.
Unsichere Prognose: Bei chronischen, fortschreitenden Erkrankungen wie degenerativer Myelopathie.
Schlechte Prognose: Falls eine schwere Nervenschädigung oder inoperable Tumorerkrankung vorliegt.
7. Prävention
Gewichtskontrolle: Reduziert die Belastung auf die Wirbelsäule und Gelenke.
Regelmäßige Bewegung: Fördert die Muskulatur und vermeidet Muskelatrophie.
Physiotherapie nach Verletzungen: Unterstützt die Heilung und verhindert Spätfolgen.
Frühzeitige tierärztliche Abklärung: Bei ersten Anzeichen von Lahmheit oder Schmerzen.
Fazit
Ischialgie beim Hund ist eine schmerzhafte Erkrankung, die sorgfältig diagnostiziert und individuell behandelt werden muss. Mit einer Kombination aus medikamentöser Therapie, Physiotherapie und gegebenenfalls chirurgischen Eingriffen kann vielen Hunden geholfen werden, ihre Mobilität und Lebensqualität wiederzuerlangen.
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